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Wo bei Hegel anfangen?

Du schreibst:

> Ich bin jetzt unsicher, wie ich weiter verfahren soll,
> also wo ich bei Hegel anfangen soll - 
> zuerst noch die Phänomenologie
> oder gleich die Logik?

Engels hat ja einmal in einem Brief geschrieben, er würde empfehlen, die Logik parallel mit der Geschichte der Philosophie zu lesen, und dabei "zur Entspannung" die Vorlesungen zur Ästhetik.

Bei deinen Interessen wäre das vielleicht gar keine schlechte Vorgehensweise?

Generell kann man sagen, dass die Vorlesungen leichter zu lesen sind. Meiner Ansicht nach sind die "Vorlesungen zur Geschichtsphilosophie" (stw 612) eine besonders gute erste Einführung: sie sind kurz, angenehm und schnell zu lesen und es werden viele Fragen des gesamten Systems kurz angesprochen.

Ansonsten habe ich Dir ja bereits einmal geschrieben, dass ich persönlich sonst die Enzyklopädie als Einstieg ins System bevorzuge. 

Bei Hegels Vorlesungen, auch denen zur Logik, wurde immer die Enzyklopädie zugrunde gelegt.

Für den Einstieg in die Logik ist die Enzyklopädie besser, da sie

a) aus einem Guss ist. Gerade die Wesenslogik hat Hegel sein ganzes Leben über verändert (wie überhaupt die jeweils mittleren Teile seiner Triaden, aus dem "Möglichkeitsfelder" Brief wird vielleicht auch ein bisschen klar warum).

Da er aber nur die Enzyklopädie angepasst hat, dagegen an der "großen" Logik nur dazu gekommen ist, den ersten Teil (Lehre vom Sein) umzuändern, passt dort der 1.Teil auch nicht perfekt zum 2.Teil (und der 2. und 3.Teil sind so veraltet, stammen noch aus der Nürnberger Zeit).

b) Außerdem ist es für eine Einführung angenehm, dass Hegel sich in seiner kleinen Logik kurz hält, darüber hinaus sind die Zusätze, die ja oft aus Mitschriften der Vorlesungen stammen, oft besser geeignet eine Vorstellung davon zu bekommen, was Hegel meint. Verschaffe dir zunächst einmal durch eine rasche Lektüre der kleinen Logik (und evtl. noch des 3.Bandes und des Anfangs und Endes der Naturphilosophie) einen guten Überblick und dann kannst du durch die Lektüre der großen Logik in die Tiefe steigen.

Oder lies gleich kleine und große Logik parallel, vielleicht in dem Sinne, dass du da wo du Fragen hast oder Unklarheiten die große Logik zu Rate ziehst.


Die verschiedenen Hegel-Ausgaben

Es gibt verschiedene Sammlungen von Hegels Werken.

Eine (hoffentlich) vollständige Aufstellung findet ihr hier: Ausgaben von Hegels Werken.

Die Suhrkamp-Ausgabe (bei stw)

Am weitesten verbreitet ist in Deutschland seit 1970 die günstige Suhrkampausgabe, manchmal auch als "Theoriewerkausgabe (TWA)" zitiert. Da leicht verfügbar, ist sie die Zitiergrundlage der meisten deutschen Werke zu Hegel der letzten 30 Jahre.

Die Suhrkamp-Ausgabe erscheint in der Reihe stw = Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft (=Suhrkamp Pocketbooks/Paperback Science) und ist dort als Band 601 bis 621 erschienen (Band 621 enthält das Register).

Die Phänomenologie finden Sie in Band 3 der Suhrkamp-Ausgabe (=stw 603), die Logik Band 4+5 (=stw 604/5), die Enzyklopädie (in der 3. Fassung von 1830) macht die Bände 8 bis 10 aus (=stw 608-610) und die Nachschriften der Berliner Vorlesungen nehmen die Bände stw 612-620 ein.

Die Suhrkampwerke basieren (bis auf wenig! zusätzliches Material in Band 1 und 2) fast vollständig auf der Ausgabe der Hegelwerke, die nach Hegels Tod zwischen 1831 und 1850 erschien.

Das hat den Vorteil, dass sie zum Verständnis der Rezeptionsgeschichte des 19.Jahrhunderts (also insbesondere von Junghegelianern, Marxisten usw) gut geeignet sind, man hat beim Lesen sozusagen den selben Kenntnisstand.


Schriften, die nicht in der Suhrkamp-Ausgabe enthalten sind

In unserem Jahrhundert wurden einige großen Fortschritte in der Hegel Philologie gemacht: 

Da sind zunächst einmal Hegels Jugendschriften (im weiteren Sinne alle Manuskripte Hegels vor seiner Jenaer Zeit), auf die zuerst Dilthey aufmerksam machte (sein berühmter Aufsatz online lesbar unter "Die Jugendgeschichte Hegels - Erster Abschnitt") und die Herausgabe der wichtigsten dieser Manuskripte durch seinen Schüler Nolte unter dem Namen "Hegels Theologische Jugendschriften" 1907. 

Diese Schriften bildeten einen Schwerpunkt der Hegelrezeption in der 1.Hälfte des 20.Jahrhunderts (Haering hat einen großen Kommentar dazu geschrieben. Ich schätze am meisten die ausgezeichnete Auseinadersetzung von Hans Küng in den ersten 150 Seiten von "Menschwerdung Gottes" mit diesem Thema). Leider kommen diese Texte in der Suhrkamp-Ausgabe völlig unzureichend vor. Es gibt in diesen Texten z.B. Anklänge an Feuerbach, den jungen Marx und auch Nietzsche, und es ist interessant zu sehen, dass Hegel daraus andere Schlüsse zog. Nicht immer ist also eine spätere Position schon deshalb die bessere. Es ist erstaunlich wie viele spätere Positionen Hegel bei der Konstruktion seines Systems schon berücksichtigt hat.

In den 68er ff Jahren war natürlich die Beschäftigung mit Hegels Objektiven Geist das Hauptthema des Interesses. Hier liegen inzwischen sehr viele verschiedene Vorlesungsmitschriften vor, die sich z.T. doch erheblich von der schriftlich niedergelegten Version unterscheiden, diese erläutern und auch z.T. erst ins rechte Licht rücken / gewichten / verständlich machen, weiter ausführen. Am bekanntesten / interessantesten sind die beiden Vorlesungsmitschriften von Wannemann und der Vorlesung die Henrich veröffentlicht hat (letztere liegt auch in einer preiswerten Paperbackausgabe bei Suhrkamp vor).

Es ist ja bemerkenswert, dass der Hegel der Berliner Zeit uns vor allem durch seine Vorlesungen bekannt ist, durch sie gewirkt hat und nur deshalb, weil er zum Thema Objektiver Geist bereits ein Buch geschrieben hatte, wurden seine Vorlesungen zu dem Thema von seinen Schülern nicht herausgegeben.

Doch auch zu den anderen Vorlesungen ist inzwischen viel ergänzendes Material herausgekommen, sehr interessant (und für die Fragen der Junghegelianer natürlich auch direkt relevant) ist etwa die wunderbare Edition von Hegels Vorlesungen zur Religion von Jäschke.

Dadurch, dass er mehrere verschiedene Vorlesungen bringt, kann man sehen, wie Hegel arbeitet, wie er sein Thema entwickelt, verbessert. Das ist auch z.B. für den objektiven Geist bei der Sammlung der Vorlesungsnachschriften durch Ilting bei Fromann-Holzboog interessant.


Vergleich mit der Meiner-Ausgabe

Die Meiner-Ausgabe  wird vom Hegel-Archiv Bochum betreut und ist das philologische Optimum, was wir derzeit zu Hegel auf dem Markt bekommen können. Es gibt eine  teure - jeder Band kostet über 100 DM- gebundene Ausgabe im Rahmen der "Hegel-Werke" und textgleiche günstige Taschenbuch-Ausgabe ohne Kommentare in der Reihe "Philosophische Bibliothek".

Wenn Sie besonders an den Jenaer Schriften interessiert sind, so ist die Meiner-Ausgabe hier sehr viel besser. Nicht nur, dass die Ausgabe philologisch besser ist, sondern es liegt dort sehr viel mehr Material vor: In der Taschenbuchausgabe der philosophischen Bibliothek bei Meiner finden Sie 3 Bände mit den Systementwürfen und 3 Bände mit den Artikeln und Kritiken die Hegel in dieser Zeit geschrieben hat (kosten je ca.30 DM). Das ist schon von der Menge ein sehr viel größeres Material. Gerade aus den Systementwürfen wird in der Suhrkamp-Ausgabe nur ein Bruchteil (in einem Band - stw 602) veröffentlicht.

Zur Religionsphilosophie: hier bietet die Suhrkamp-Ausgabe den klassischen Text in der Edition von Bruno Bauer (Auf der Basis der Edition von Marheincken), der seit etwa 1840 die Grundlage der Rezeption der hegelschen Religionsphilosophie im deutschsprachigen Raume ist. Im Hinblick auf die Diskussion unter Links- und Rechtshegelianern und die Rezeptionsgeschichte ist diese Ausgabe die richtige.

Die Ausgabe bei Meiner ist eine große editorische Leistung von Walter Jäschke  und ist sehr nützlich. Es gibt je einen Band in der philosophischen Bibliothek bei Meiner zum ersten (Begriff), 2. (Besondere Religion(en), dieser in 2 Teilbänden) und 3.Teil (absolute Religion = Christentum) der Religionsphilosophie.

Bei der Logik und Enzyklopädie sind die Unterschiede zwischen der Meiner Ausgabe und der bei Suhrkamp nicht so gravierend, allerdings kann man bei Meiner auch die vorherigen Auflagen bekommen. Übrigens ist der Verleger Meiner Mitglied in der Internationalen Hegelvereinigung und der Hegel Society of America.

Weitere Hinweise zur Primärliteratur finden sich auch eingestreut in die Anfänge einiger Abschnitte des Textes zur Sekundärliteratur.


Register?

Es gibt eine Reihe von Register zu Hegels Gesamtwerk, etwa das von Glockner (2 Bände). Ich benutze das billige Suhrkampregister (stw 621), es ist mit 804 Seiten immer noch ausführlich genug. 

Sehr interessant ist vielleicht für die Marxisten / Adornianer unter Euch an dem Suhrkampregister , dass es sich besonders um marxistische Begriffe bemüht.

Noch mehr findet man natürlich, wenn man die Hegel-Werke auf CD-ROM hat.


Wie mache ich es?

Vielleicht berichte ich zum Abschluss noch, wie ich es mache:

Als wichtigstes Arbeitsmittel habe ich die 20 bändige Suhrkamp-Ausgabe (s.o.). Für die Jenaer Schriften und die Religionsphilosophie habe ich mir die Bände aus der Philosophischen Bibliothek bei Meiner gekauft.

Zum Suchen und zitieren benutze ich vor allem die zwei Versionen der Hegel-Werke auf CD (siehe CD-Roms).

Wenn ich etwas genauer überprüfen möchte, benutze ich die Hegel Gesamtausgabe, die bei Meiner erscheint und die in unserer Uni eingesehen werden kann. 

Für die Rechtsphilosophie sind auch die Sammlungen der verschiedenen Vorlesungsmanuskripte relevant, die im Fromann-Holzboog Verlag (in Stuttgart / Bad Cannstatt) erschienen sind und von Ilting herausgegeben (und eingeleitet, wobei dessen Einleitung heutzutage z.T. schon wieder überholt ist) wurden.


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