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Auf den obigen Text schrieb mir seinerzeit Angelika einen kritischen Brief, den ich im folgenden beantworte, vielleicht wird damit der eine oder andere Einwand des Lesers / der Leserin mit erfasst.

Vieles ließe sich sicher besser formulieren und manches verbessern. Ich kann besser im Dialog denken und es soll ja ein Gemeinschaftsprodukt werden, darum stelle ich es ja zur Diskussion.

Ich schrieb etwa:

KF> Ich möchte Hegels System derartig rekonstruieren, dass
KF>[...]
KF> b) da ich das System neu erzeuge, kenne ich es besser.

Darauf Angelika:

>Besser als wer? Mit dieser Aussage kann ich nicht viel anfangen.

Nicht in erster Linie besser als wer, sondern besser, als wenn ich es nicht selbst neu erzeugen kann (Vielleicht bin ich hier zu sehr von meiner Software-Entwicklungstechnik beeinflusst?).

Als Beispiel mag das neue Buch von Dieter Wandschneider dienen:  "Grundzüge einer Theorie der Dialektik. Rekonstruktion und Revision der dialektischen Kategorienentwicklung in Hegels 'Wissenschaft der Logik'",  Klett-Cotta, Stuttgart 1995, ISBN 3-608-91749-9, 231 Seiten, Leinen (Bibliographie 3a).

Dessen Versuch, den Anfang der Logik nicht nur zu Kommentieren, wie sonst üblich sondern selbst neu zu erzeugen, gefiel mir. Vor allem zeigt sich, dass dabei höhere Anforderungen an die Begründungen / Übergänge gestellt werden, als üblich:

Es soll bei einem Übergang nicht nur gezeigt werden, dass dieser Plausibel ist, sondern auch z.B. geprüft werden, wie zwingend dieser Übergang ist, welche Alternativen sich dem unbefangenen Rekonstruktor stellen usw.

Ich schrieb:

KF> c) Es sollten die wichtigsten Einwände gegen Hegels System
KF> in der Rekonstruktion von vornherein beseitigt werden (es sei
KF> denn, wir finden bei Hegel bessere Argumente für seine
KF> Vorgehensweise, die uns überzeugen):

Worauf du antwortest:

Dies erscheint mir unlogisch. Oder wo finden wir bei dem Meister selbst Einwände gegen sein System, die uns überzeugen?

Eine Hegel-Rekonstruktion die praktisch bedeutungsvoll sein will (sowohl vom eigenen Anspruch her wie auch darin, sich gehör zu verschaffen unter den Nicht-Hegelianerinnen unseres Zeitalters) muss sich mit den Einwänden gegen Hegel auseinandersetzen und diese ggf. aufheben.

Da aber nichts vorausgesetzt werden darf, so auch nicht umgekehrt, dass Hegel unrecht hat oder, weniger primitiv, dass Hegel an jeder Stelle aufgehoben werden muss.

Dies sollte sich jeweils in der Prüfung von Hegels Argumenten (für sein Vorgehen / System natürlich, bzw. gegen Alternativen) entscheiden.

Wie wäre es, wenn die Marxistik wieder zu ihren Wurzeln der Dialektik zurückfindet und die Einzelwissenschaften in ihr System integriert? Ich habe beim Lesen von Hegel und Marx eh sehr viele Gemeinsamkeiten entdeckt. Das wäre jetzt ein Vorschlag zur Herangehensweise...

Auf die meisten Marxisten trifft das aber weniger zu. Außerdem ist meiner Ansicht nach die Übereinstimmung zwischen Hegel und Marx (aus marxistischer oder hegelscher Perspektive) natürlich kein geeigneter Maßstab für eine Rezeption des jeweils anderen, da darin bereits ein externer Standpunkt unterstellt ist.

Wie ich Dir neulich in einer anderen Nachricht schrieb:

>>
Solche, die immer auf der Suche nach den "materialistischen" Elementen in Hegel sind, haben sich darüber gefreut, [...] Elemente eines "materialistischen" Hegels zu sehen (so etwa Lenin in seinen Kommentaren zur Logik).

Es handelt sich meines Erachtens um eine wenig ergiebige Leseweise, die statt die Argumente nachzuvollziehen und diese zum Maßstab zu machen, stattdessen Hegel darauf vergleicht, ob er der eigenen Weltanschauung entspricht (und versucht die eigenen Vorurteile zu Hegel, als unvollkommenen, da noch z.T. idealistisch verblendeten, Vorläufers der eigenen Weltanschauung in der Lektüre bestätigt zu bekommen).
<<

Stattdessen wäre meines Erachtens zunächst einmal darauf zu achten, dass die Argumente, die jeweils gegeben werden, auch stimmen. Eine Position, in denen Marx und Hegel übereinstimmen, kann dennoch falsch sein, wenn die Argumente von beiden nicht stimmen.

Die Übereinstimmung ist ein externes Kriterium, die eine Motivation, ein Hinweis sein kann, die aber den unvoreingenommenen Nachvollzug der Argumente nicht ersetzen kann.

Inhaltlich ist mein derzeitiger Eindruck in der Tat so, dass das was Marx zur Dialektik / Logik sagt, mit einer sinnvollen Hegel-Interpretation kompatibel ist. Auch in seiner (Marxens) "Realphilosophie", gibt es viel was aufzunehmen ist, auch in den Werken der von ihm inspirierten Marxisten.

Demgegenüber sehe ich aber vor allem auch große Verkürzungen der Hegelrezeption, in den gängigen Marxismustheorien (einschließlich der Frankfurter Schule) die es zu beseitigen gilt, wobei die theoretische Kardinalsünde meines Erachtens gerade in dem besteht, worin die "Marxisten" ihre materialistische Überwindung / Umstülpung von Hegel sehen: der Glaube, mit einer historischen / gesellschaftlichen / ökonomischen Einordnung eines Gedanken sei das wesentliche, speziell seine Wahrheit, bereits ausgesagt -siehe Genese vs. Geltung - (aus diesem Gedanken lassen sich IMHO alle Perversionen und Verfallserscheinungen der marxistischen Weltanschauung ableiten).

Im übrigen möchte ich mich bei der Aufhebung der Werke nach Hegel auch nicht auf Marxismus und Psychoanalyse beschränken (die ich in erster Linie deshalb erwähnte, weil der Artikel zuerst auf der von Marxisten und Frankfurter Schule dominierten Dialektik-Liste erschien).

Was "rational" und "irrational" ist müsste imho zuerst einmal  konkreter gefasst werden. Allein das aber wäre - geht man / frau  philosophiehistorisch vor - schon ein Werk von mehreren Bänden.

Habe nichts dagegen.

Dies verstehe ich nicht. Worauf willst Du hinaus? Die Beschäftigung  mit den sogenannt "Nichtrationalem" ist doch schon wieder rational,  hebt damit die "Irrationalität" auf.

Es geht darum, "blinde Flecke" in Hegels System zu entdecken. Ich denke dabei an solche Kategorien, die sich zwar mit Hegels System fassen lassen (es lässt sich mit diesem flexibelsten aller Systeme ja eigentlich alles fassen), aber eventuell nicht angemessen genug, es bleibt ein Rest / eine Abstraktion über. Derartige Flecke festzustellen ist die wahre Schwierigkeit bei der Theoriebildung / Weiterentwicklung.

Ich gehe nun davon aus, dass die theoretische Entwicklung nach Hegel (und Marx ist dabei nur ein Bruchteil dieser Entwicklung) für uns Fingerzeige sind, wo es möglicherweise noch etwas zu entdecken, aufzuheben gibt. Hösle hat dies z.B. sehr nett mit der Kategorie der Intersubjektivität in seinem Werk "Hegels System" gemacht, doch ich denke nicht, dass damit bereits alles Material aufgehoben ist.

hmm. Vorher steht aber immer die Frage: Entspricht die Erscheinung dem Wesen / Begriff? Und genau da fängt Wissenschaft an, die unnötig wäre, würden sich Wesen und Erscheinung entsprechen.

Wenn du es orthodox ausgesprochen haben möchtest, hieße die Antwort natürlich, dass es, wie immer [wie langweilig], in der Erscheinung eine Identität (Sonst wäre es ja nicht das Wesen dieser Erscheinung) und eine Differenz (sonst wäre, wie du ja selbst sagst, die Erscheinung für sich schon das Wesen) zur Erscheinung gibt.

Ich glaube aber nicht, dass es hier mit irgend jemanden große Differenzen gibt.

Die Erarbeitung der Logik und Vergleich mit der Realphilosophie sowie die Erweiterung davon müsste imho etwas konkreter gefasst werden...

Natürlich. Das wäre eines der angestrebten Ergebnisse unserer Diskussion hier.

Danke, dass du mir Gelegenheit gibst, meine Gedanken zu klären und klarer darzustellen.


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